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Volle Konzentration: Ursula Kissig kurz vor einem ihrer vielen Rechenschaftsbe- richte bei den Hauptversammlungen. |
Von Jörg Frenzel am 05.08.2017
Quelle: wedel.de
Bilder: Jörg Frenzel, kommunikateam
"Ach, nun nehmen Sie man erstmal einen Kaffee und ein Stück Kuchen." Diesen Satz habe ich von Ursula Kissig häufig gehört, wenn ich leicht abgehetzt in der DRK-Begegnungsstätte auftauchte, um über eine ihrer Aktionen zu berichten. Was auf den ersten Blick nur nach formell-höflichem Standard klingt, weist auf viel mehr hin. Es ist ein kleines Indiz auf Grundsätzliches in ihrem Wesen: Sie kümmerte sich zunächst um andere und sorgte dafür, dass es ihnen gut ging, bevor sie eigene an Anliegen dachte. Ich werde diesen Satz vermissen ebenso wie ihr Lächeln, während sie den Kaffee eingoss und mit beidem für einen Moment der Gelassenheit sorgte. Denn Ursula Kissig lebt nicht mehr. Sie starb jetzt im Alter von 80 Jahren, nur wenige Wochen, nachdem sie unter stehendem Beifall zur DRK-Ehrenvorsitzenden ernannt wurde.
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Wenn es um das Einwerben von Spenden für "ihr" DRK ging, konnte keiner dem Charme von Ursula Kissig widerstehen - hier traf es den Stadtsparkassen-Vorstand Marc Cybulski. |
1974 wurde der damalige Wedeler Bürgermeister Dr. Fritz Hörnig auf die junge Mutter aufmerksam. Hörnig war DRK-Vorsitzender und suchte jemand, der sich um Senioren kümmern konnte. Ursula Kissig kümmerte sich, aber die größte Kraftanstrengung zu Beginn ihres Engagements lag in der Begrüßung und Integration von vietnamesischen Flüchtlingen, der Boat People, die nach dem verlorenen Krieg der Amerikaner nicht unter einem kommunistischen Regime leben wollten. Mit ihrer Herzlichkeit organisierte sie gemeinsam mit vielen anderen Akteuren ein perfektes Willkommen und begleitete diese neuen Wedeler durch ihre Anfangsjahre. Das machte sie in der Gruppe so populär, dass Ursula Kissig seitdem einen festen Platz in den Herzen der damals Geflüchteten und deren Kinder und sogar Enkelkinder einnahm.
Auftakt der Seminarreihe war stets zum Halbjahresbeginn eine gemeinsame Pressekonferenz der Referenten, natürlich mit Kaffee, Schnittchen, Kuchen und ihrem Lächeln: "Nun greifen Sie mal ruhig zu..." Ursula Kissig und das DRK - das war bei einer Familie, wenn die Lieblings-Tante sich freute, sobald man zu Besuch kam und die einen dann ein bisschen verwöhnte.
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Mit AWO-Legende Otto Stock verband Ursula Kissig eine Freundschaft über die Ebene der Arbeit für Wohlfahrtsorganisation hinaus. Sie gehörten zur gleichen Knobel-Runde. |
Und darüber hinaus werde ich nicht vergessen, dass man nie ein scharfes Wort von ihr hörte. Mehr noch: Sie blieb auch dann noch freundlich, wenn Sie mal Anlass zu Ärger hatte. Ursula Kissigs Mitgefühl und Freundlichkeit waren etwas ganz Besonderes.
Danke, Ursula Kissig.