Samstag, 30. November 2019

Ursula Kissig wird Ehrenbürgerin von Wedel

Ursula Kissig in "ihrer" DRK-Begegnungsstätte
Der Rat beschließt die postume Würdigung der Verdienste von "Miss DRK".

Von: Oliver Gabriel am 30.11.2019
Quelle: Wedel-Schulauer Tageblatt

CDU-Fraktionschef Michael Kissig war merklich bewegt, als er Dankesworte für die große Auszeichnung und „Wertschätzung des unermüdlichen Engagements“ seiner Mutter an die Kollegen der Ratsversammlung richtete. Es selbst hatte den Saal verlassen, als die Fraktionen über den Antrag der postumen Verleihung der Ehrenbürgerwürde an die 2017 verstorbene „Miss DRK“ Ursula Kissig abstimmten. Viele der Anwesenden seien für die selben Ziele und Projekte Seite an Seite mit seiner Mutter eingetreten, so Michael Kissig. Sie habe sich nie als Einzelkämpferin gesehen, sondern hätte die Auszeichnung auch als Würdigung des gemeinsamen Engagements genommen, sagte er.

Mehr als 40 Jahre Vize-DRK-Vorsitzende
Mit CDU, SPD, FDP, WSI und Linken hatten fünf der sechs Ratsfraktionen den ursprünglichen Antrag des CDU-Ortsverbands auf Würdigung der Verdienste Ursula Kissigs, die unter anderem mehr als 40 Jahre lang als Vizevorsitzende den DRK-Ortsverein Wedel geprägt hatte und bereits 1988 für ihren Einsatz für die vietnamesischen Boat People das Bundesverdienstkreuz erhielt, übernommen. Einzig die Grünen fehlten unter dem interfraktionellen Beschlussvorschlag.

Wuttke kritisiert öffentliches "Vorpreschen" der CDU
Fraktionschef Olaf Wuttke erklärte warum. Es gebe seitens der Grünen keinen Zweifel an der Lebensleistung der zu Ehrenden, die sich bewundernswert für das Gemeinwohl engagiert habe, so Wuttke. Seine Fraktion würden sich jedoch an einem „mehrfach fragwürdigen Verfahren, das gewählt wurde“, stören. Wuttke kritisierte unter anderem ein öffentliches „Vorpreschen“ des CDU-Ortsverbands, ohne dass vorher mit den Fraktionen gesprochen worden wäre. Der Grünen-Chef wertete dies als „rein parteipolitisch geprägtes Vorgehen“. Zudem warf er angesichts fehlender Kriterien für die Verleihung der Ehrenbügerwürde die Frage einer Abgrenzung gegenüber anderen Formen der Ehrung wie Straßenbenennungen auf. Wuttke stimmte indes am Ende selbst mit Ja. Seine Fraktionskolleginnen Petra Kärgel, Ortsverbandsvorsitzende in Wedel, und Aysen Ciker, Zweite stellvertretende Stadtpräsidentin, enthielten sich dagegen als einzige der anwesenden Ratsmitglieder ihrer Stimmen.

Erstmals postume Ernennung
Mit Ursula Kissig wird erstmals eine Wedelerin postum zur Ehrenbürgerin ernannt. Zuvor hatte die Stadt die Ehrenbürgerwürde vier Mal verliehen: 1909 an den Mediziner Dr. Jürgen Boockholtz, 1937 an den langjährigen Bürgermeister Heinrich Eggers, 1939 an den Maler Rudolf Höckner und 1984 an die langjährige Awo-Ehrenamtlerin und Politikerin Johanna „Hanna“ Lucas.


Ausgerechnet zwei Grüne-Frauen 
Ein Kommentar von Oliver GabrielDie Ehrenbürgerwürde für Ursula Kissig: Sie hat es verdient. Punkt. Oder höchstens noch mal ein paar Worte der Wertschätzung für die Frau, die ihr halbes Leben lang Motor und Herz des DRK Wedel war. Der Stadtpräsident hat recht: Die Abstimmung mit einer Verfahrenskritik zu vermengen, ist schlicht „unangemessen“. Zumal in der Sache selbst, wie ja auch die Grünen betonen, Einigkeit besteht. Ja, es stimmt: Die CDU wäre besser beraten gewesen, erst den – allerdings erwartbaren – Konsens statt gleich die Öffentlichkeit zu suchen. Dieses „Vorpreschen“ wog für die übrigen Fraktionen jedoch offenkundig weniger als die unterstützenswerte Initiative, einer engagierten Wedelerin ein anerkennendes Denkmal zu setzen. Verfahren, Kriterien, so was kann man hinterher klären. So schnell wird jetzt schon keiner wieder mit einer Ehrenbürgernominierung kommen. Stattdessen bleibt nun ausgerechnet hinter dem Votum für eine Frau als Ehrenbürgerin einzig die Enthaltung zweier Ratsfrauen der Grünen stehen, die sonst so vehement für Gleichstellung kämpfen. Ein richtiges Zeichen? Wohl kaum.